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Sonntagssoul mit Beyoncé und einem wachen Ohr

Nach der turbulenten letzten Woche, in der eine bevorstehende Krise in den Beziehungen zwischen Schweiz und EU im Zentrum stand, bringe ich euch heute ganz viel Soul mit. Auch im Lied „Listen“ von Beyoncé (aus dem Musical Dreamgirls) geht es um eine Beziehung und die Schwierigkeiten darin. Es geht um Emanzipation vom Partner, um Eigenständigkeit und darum, seinen eigenen Weg zu finden. Ich will den Song jetzt keineswegs auf die momentane politische Situation anwenden, sondern freue mich einfach darüber, dass gefühlvolle Musik es immer schaffen wird, auch über Landesgrenzen hinaus Menschen zu verbinden. 

Hör mir zu/Listen (Beyoncé)

Hör diesem Lied hier in meinem Herzen zu,
eine Melodie, die ich (zu singen) beginne, aber nicht beenden kann.
Hör dir diesen tiefgreifenden Klang an,
der jetzt erst damit beginnt, sich freizusetzen.

Oh, jetzt ist die Zeit gekommen, dass meinen Träumen Gehör verschafft wird,
sie werden nicht zur Seite geschoben oder umgewandelt werden
in die deinen, nur, weil du nicht
Zuhören willst.

Hör mir zu, Ich stehe alleine an einer Kreuzung,
Ich fühle mich in meinem eigenen Heim nicht mehr zu Hause,
Und ich habe versucht und wieder versucht, zu sagen, welche Gedanken ich mir mache –
du hättest es wissen sollen.

Oh, jetzt bin ich damit fertig, dir Glauben zu schenken,
Du weisst nicht, was ich fühle,
Ich bin mehr als das, was du aus mir gemacht hast.
Ich bin der Stimme, die du mir gabst, gefolgt,
jetzt aber muss ich meine eigene finden.

Du hättest zuhören sollen, (denn) da ist jemand hier drinnen,
Jemand, von dem ich dachte, er sei längst gestorben.
Oh, ich bin jetzt frei¹ und meine Träume werden Gehör finden,
sie werden nicht zur Seite geschoben oder, schlimmer,
zu den deinen, nur, weil du nicht
Zuhören willst. 

Hör mir zu, Ich stehe alleine an einer Kreuzung,
Ich fühle mich in meinem eigenen Heim nicht mehr zu Hause,
Und ich habe versucht und wieder versucht, zu sagen, welche Gedanken ich mir mache –
du hättest es wissen sollen.

Oh, jetzt bin ich damit fertig, dir Glauben zu schenken,
Du weisst nicht, was ich fühle,
Ich bin mehr als das, was du aus mir gemacht hast.
Ich bin der Stimme, die mir gabst, gefolgt,
jetzt aber muss ich meine eigene finden.

Ich weiss nicht, wo ich hingehöre,
Aber ich werde nicht ruhen,
Wenn du nicht zuhörst, Wenn du nicht zuhören willst
diesem Lied hier in meinem Herzen,
einer Melodie, die ich beginne, aber auch zu Ende bringen werde
Oh, jetzt bin ich damit fertig, dir Glauben zu schenken,
Du weisst nicht, was ich fühle,
Ich bin mehr als das, was du aus mir gemacht hast,
Ich bin der Stimme, die du dachtest, mit gegeben zu haben, gefolgt,
jetzt aber muss ich meine eigene finden – meine eigenen!

¹ Im Video sing Beyoncé hier: „I’m screaming out“ also „ich schreie es hinaus“. Im Original ist es aber „I’m free now“. In meiner Übersetzung habe ich die Originalversion berücksichtigt.

May Ira be the new Amy?

iramay

Morgen früh in einem schweizer Dorf: Eine kleine Person mit verwuschelten Haaren und erst halb offenen Augen entsteigt dem Bett, schafft es in aller frühmorgendlichen Ungeschicktheit gerade noch, das Radio anzustellen und ist dann plötzlich hellwach. Da singt Amy, Amy Winehouse, im Radio, so, wie man sie früher kannte und mochte, noch ein wenig jazzig, noch ein wenig unschuldiger und kurviger als später und, vor allem, noch weniger mit Drogen und Alkohohl zugepumpt; damals; der Sound trägt mich zurück in eine Zeit, in der ich mir zum ersten Mal Amys Album Frank angehört habe. Nur der Song passt nicht.

I remember sneaking in
When everybody else was sleeping

Für einen Moment frage ich mich, ob irgendwer irgendwo noch eine alte Aufnahme von Amy Winehouse hervorgeholt hat – dann höre ich, dass da etwas anderes in der Stimme der Sängerin mitschwingt. Auch wenn weiche Konsonanteneinsätze künstlerisch-sinnlich und lasziv verzogen werden, wenn die Stimme an anderen Stellen dicht und leicht nasal klingt – ist sie durchwegs lieblicher und weniger geradlinig als die von Amy, trotzdem kontrollierter und der Song bedachter performt.

We played such a foolish game
In the end I’m the one to blame

Rätselnd stehe ich also vor dem Radio, Amy kann es nicht sein – wer ist es dann? Und dann erlöst die Radiosprecherin mich von meiner Verwirrung: Ira May, eine junge Sängerin aus dem basellandschaftlichen Kanton der Schweiz hat mich aufgeweckt und musikalisch herausgefordert.

1 I walked by your house today
2 And I wondered
3 Have you been in? (?)
4 I remember sneaking in
5 When everybody else was sleeping

6 I used to think „I’m gonna be the one“
7 I used to think „I’m gonna be the one to end it.“
8 But life taught/told (?) me better
9 Never to get used to what we had/have (?), what we had.

10 So forgive me
11 If I have taken you for granted
12 I couldn’t imagine you’d let me go like that

13 I’m not heart-broken (?)
14 But I feel cold (?), I feel lost
15 I didn’t realize how much it would cost
16 How much it would cost to let you go

17 We played such a foolish game
18 In the end I’m the one to blame
19 I lied to you, I lied to myself and now
20 It’s too late to turn it around.

Wiederholung der Zeilen 6 bis 16.

1 Ich bin heute an deinem Haus vorbei gegangen 2 und habe mich gefragt 3 ob du wohl drin gewesen bist. 4 Ich habe mich daran erinnert, wie ich hineingeschlichen bin 5 während alle anderen geschlafen haben.

6 Ich dachte mal: „Ich werde diejenige sein“, 7 ich dachte mal: „Ich werde diejenige sein, die Schluss machen wird.“ 8 Aber das Leben hat mich eines besseren belehrt; 9 nämlich, dass man sich nicht allzu sehr an das gewöhnen darf, was wir zusammen hatten.

10 Also verzeih mir bitte, 11 dass ich dich als selbstverständlich genommen habe; 12 (aber) ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass du mich so einfach gehen lässt.

13 Ich habe kein gebrochenes Herz, 14 aber ich fühle mich kalt und verloren. 15 Mir ist nicht bewusst gewesen, 16 wie viel es kosten würde, dich gehen zu lassen.

17 Wir haben ein solch dummes Spiel gespielt 18 und im Endeffekt bin ich Schuld an allem: 19 Ich habe dich belogen, ich habe mich selbst belogen und jetzt 20 ist es zu spät, um das Steuer noch herumzureissen.

Bittersüsse Melancholie mit Junip

Nach einem anstrengenden Tag an der Uni komme ich nach Hause, verkrieche mich in meinem Zimmer und drehe das Radio an. Und da ist es wieder, dieses Lied. Dieses Lied, welches mich, egal ob ich gerade zu Hause im Bett liege, im Auto unterwegs bin oder im Supermarkt mein Mittagessen kaufe, jedes Mal unerwartet trifft und innerlich zittern lässt. Irgend etwas an diesem Lied löst in mir ein Gefühl einer bittersüssen Melancholie aus – ich vermute ja, es ist die filmmusikähnliche Weite, die melodisch und harmonisch geschaffen wird, dieses Schwebende, auf das sich der Gesang legt.

Was auch immer es ist – das Lied „Line of Fire“ der Band Junip fasziniert mich. Darum habe ich versucht, den englischen Songtext auf Deutsch zu übersetzten. Gerade durch die enge Auseinandersetzung hat sich mir schon so mancher Songtext etwas verständlicher präsentiert; ich hoffe, es geht dem Leser bei der folgenden Übersetzung ähnlich. Dazu sagen muss ich noch, dass meine Übersetzung auch sehr stark eine Interpretation ist. Diese wurde von dem offiziellen Musikvideo stark beeinflusst. Wer also den Text so nicht verstehen würde, sollte sich das Video vielleicht noch ansehen (siehe Ende des Beitrags). Unklare Stellen wurden mit einer Fussnote versehen und werden zum Schluss erklärt.

Das Schussfeld°/Line of Fire – JUNIP

1 Was tätest du°, wenn es dir heimgezahlt° würde,
2 Jeder Wellenkamm so hell wie ein Blitz?
3 Was würdest du sagen, wenn du heute gehen müsstest,
4 alles hinter dir lassend, obwohl du für einmal gerade glänzt?

5 Erhöht stehend realisierst du, dass die Geräusche, die du hörst,
nur eine Laune° sind.
6 Und du bemerkst, dass es darauf ankommt, wen und was du an dich ran lässt.

7 Wenn du auf die Probe gestellt würdest, würdest du aus dem
Schussfeld treten?
8 Alles zurückhalten, alle Emotionen und Wünsche°?

9 Überzeuge dich selber davon, jemand anderes zu sein und verstecke° deinen  Mangel an Selbstvertrauen vor der Welt.
11 Das, was du zu glauben wählst, bestimmt darüber, ob du gewinnst oder verlierst.

12 Mit niemand° anderem um dich herum,
13 niemand, dich zu verstehen
14 niemand, deine Rufe zu hören.
15 Schaue dir alle deine dunklen Ecken genau an°.
16 Wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst, dann tritt aus dem Schussfeld.

17 Was tätest du, wenn es dir heimgezahlt würde,
18 Jeder Wellenkamm so hell wie ein Blitz?
19 Ich täte es so wie du es tun würdest, täte es genau so, genau so.
20 Das, was du zu glauben wählst, bestimmt darüber, ob du gewinnst oder verlierst.

Wiederholung der Zeilen 12 bis 16.

26 Tritt aus dem Schussfeld.

Anmerkungen

0 Das Schussfeld: „Line of Fire“ heisst das Lied im Original. „Line of fire“ ist ein technischer Ausdruck aus der Artillerie, der die Grenze, bis wo eine Waffe feuern (darum „fire“) kann, bezeichnet. Im Deutschen kommt „Schussfeld“ wohl am ehesten an diesen Ausdruck heran.
1 du: Natürlich kann man das englische „you“ auch mit „man“ oder „ihr/euch/usw.“ übersetzten. Ich glaube aber, dass hier jemand angesprochen wird und habe mich darum für die 2. Person Singular entschieden.
heimgezahlt: Im Original heisst es hier „come back to you“ was auch neutral übersetzt werden könnte mit „auf dich zurückfallen“ oder „zu dir zurückkommen“. Auch möglich wäre eine noch etwas freiere Übersetzung zu „plötzlich daran erinnern“ (also wenn etwas vor dem inneren Auge „wiederum erscheinen würde“).
5 Laune: An dieser Stelle ist unklar, ob „the wind“ oder „a whim“ gesungen wird. Sogar auf der offiziellen Soundcloudseite, wo der Songtext veröffentlicht ist, ist diese Variante belassen. Im ersteren Fall müsste die Übersetzung dann „der Wind“ heissen. Ausserdem wird „whim“ meist in einem anderen Kontext benutzt, wo es dann als „nach Lust und Laune“ übersetzt wird. Eine merkwürdige Stelle also.
8 Wünsche: Mit „Wünsche“ ist „desires“ sehr neutral übersetzt. Man könnte auch mit „Sehnsucht“ oder „Lust/Gelüste“ übersetzen.
9 verstecke: Im Original heisst es hier „hold back“, was wörtlich auch mit „zurückhalten“ übersetzt werden könnte.
12f niemand: „no one“ könnte auch mit „keiner“ übersetzt werden.
15 genau anschauen: Hier bin ich mir wirklich unsicher, ob „look through“ mit „hindurchsehen“ oder „genau ansehen/inspizieren/usw.“ übersetzt werden sollte.

Die Übersetzung hat sich nach meiner eigenen Transkription gerichtet. Bei unklaren Stellen habe ich mich an den Lyrics auf der SoundCloud-Seite orientiert.